
Kapitalmarktbericht Q1 2025
2. April 2025- Eine Ära der Divergenz und des fragilen Gleichgewichts -
Das erste Halbjahr 2025 präsentierte sich als eine Periode der Divergenz und des fragilen Gleichgewichts für die globalen Kapitalmärkte. Die Weltwirtschaft navigierte durch ein komplexes Zusammenspiel von Kräften, die einerseits von zunehmenden Handelsspannungen und geopolitischen Unsicherheiten, andererseits von einer widerstandsfähigen Arbeitsmarktentwicklung und ersten Anzeichen einer Inflationsabschwächung geprägt waren. Dieses Spannungsfeld führte zu einer erhöhten Volatilität und zu unterschiedlichen Entwicklungen in den verschiedenen Anlageklassen.
Vor allem deutsche Aktien konnten in diesem Umfeld zulegen. Im Rahmen der Zollanspannungen schichteten viele Investoren Ihr Kapital zu Lasten von US Aktien um. In diesem Zusammenhang konnte auch Gold profitieren.
Analyse der globalen Wirtschaftslage
Das globale Wirtschaftswachstum verlangsamte sich im ersten Halbjahr 2025 spürbar. Die OECD prognostiziert für das Gesamtjahr ein Wachstum von 2,9 %, was eine deutliche Abkühlung gegenüber den 3,3 % des Vorjahres darstellt. Diese Verlangsamung ist nicht gleichmäßig verteilt, sondern konzentriert sich vor allem auf die entwickelten Volkswirtschaften, insbesondere Nordamerika. In den Schwellenländern hingegen blieb das Wachstum vergleichsweise robuster, auch wenn auch hier eine gewisse Abschwächung zu beobachten war.
Die Gründe für die globale Verlangsamung sind vielfältig:
• Eskalation von Handelskonflikten: Die von den Vereinigten Staaten unter der Regierung Biden initiierten und fortgesetzten Zollerhöhungen auf Importe aus China und anderen Ländern, sowie die darauf folgenden Vergeltungsmaßnahmen, haben den globalen Handel erheblich belastet. Diese protektionistischen Maßnahmen verteuern nicht nur die betroffenen Waren, sondern schaffen auch Unsicherheit für Unternehmen, die in globale Lieferketten integriert sind. Die Folge sind geringere Investitionen und ein insgesamt schwächeres Wachstum.
• Hartnäckige Inflation: Obwohl die Inflation in vielen Ländern im Laufe des ersten Halbjahres 2025 zurückgegangen ist, bleibt sie in einigen Volkswirtschaften weiterhin hartnäckig hoch. Insbesondere die Dienstleistungsinflation erweist sich als resistent gegenüber den geldpolitischen Maßnahmen der Zentralbanken. Die hohen Energiepreise, die durch den Krieg in der Ukraine und andere geopolitische Faktoren angeheizt werden, tragen ebenfalls zur Inflation bei.
• Geopolitische Risiken: Der andauernde Krieg in der Ukraine, die Spannungen zwischen China und Taiwan, sowie andere regionale Konflikte sorgen für eine hohe geopolitische Unsicherheit. Diese Unsicherheit belastet das Vertrauen der Unternehmen und Konsumenten und führt zu einer Zurückhaltung bei Investitionen und Konsumausgaben.
• Nachlassende fiskalische Impulse: Nach den massiven fiskalischen Stimulusprogrammen während der Pandemie haben viele Regierungen begonnen, ihre Ausgaben zu reduzieren, um die Staatsverschuldung zu stabilisieren. Dieser fiskalische Gegenwind bremst das Wirtschaftswachstum zusätzlich.
Das Handeln der Notenbanken
Die Zentralbanken der Welt stehen vor der schwierigen Aufgabe, die Inflation einzudämmen, ohne das Wirtschaftswachstum abzuwürgen. Die Strategien und Herausforderungen der einzelnen Zentralbanken sind jedoch unterschiedlich:
Die Europäische Zentralbank (EZB): Angesichts des schwachen Wirtschaftswachstums und der nur langsam sinkenden Inflation wird erwartet, dass die EZB ihre Geldpolitik im Laufe des zweiten Halbjahres 2025 weiter lockern wird. Dies könnte in Form von Zinssenkungen und/oder einer Reduzierung der Anleihekäufe geschehen. Allerdings ist die EZB aufgrund der anhaltend hohen Kerninflation gezwungen, vorsichtig vorzugehen.
Die Federal Reserve (Fed): Die US-Wirtschaft zeigt sich widerstandsfähiger als die europäische, aber auch hier gibt es Anzeichen für eine Verlangsamung. Die Inflation liegt weiterhin über dem Zielwert der Fed von 2 %, was die Notenbank dazu zwingt, ihre Geldpolitik vorerst beizubehalten. Es wird erwartet, dass die Fed die Leitzinsen im Jahr 2025 unverändert lässt und erst im Jahr 2026 mit Zinssenkungen beginnt.
Die Bank of Japan (BoJ): Die BoJ befindet sich in einer einzigartigen Situation, da sie die einzige große Zentralbank der Welt ist, die noch eine akkommodierende Geldpolitik verfolgt. Die Inflation in Japan ist zwar gestiegen, liegt aber immer noch unter dem Zielwert der BoJ von 2 %. Es wird erwartet, dass die BoJ ihre Geldpolitik im Laufe des Jahres 2025 allmählich zurückfahren wird, aber der Zeitpunkt und das Ausmaß dieser Straffung sind noch ungewiss.
Auswirkungen auf die Kapitalmärkte – Eine differenzierte Betrachtung
Die Kombination aus schwachem Wirtschaftswachstum, hoher Inflation und geldpolitischer Unsicherheit hat zu einer erhöhten Volatilität an den Kapitalmärkten geführt.
Die Aktienmärkte waren im ersten Halbjahr 2025 von einer hohen Volatilität geprägt. Insbesondere Aktien von Unternehmen, die stark von globalem Handel und US-amerikanischer Nachfrage abhängig sind, haben unter den zunehmenden Handelsspannungen gelitten. Es gab jedoch auch Gewinner, insbesondere Unternehmen, die von steigenden Energiepreisen und einer stärkeren Inlandsnachfrage profitierten.
Die Renditen langfristiger Staatsanleihen sind in den meisten entwickelten Volkswirtschaften weitgehend stabil geblieben. Dies deutet darauf hin, dass die Anleger weiterhin eine gewisse Zuversicht in die Fähigkeit der Zentralbanken haben, die Inflation langfristig einzudämmen. Die Spreads von Unternehmensanleihen mit niedrigerem Rating sind jedoch gestiegen, was auf eine erhöhte Risikoaversion hindeutet.
Der US-Dollar hat seit Anfang April gegenüber vielen anderen Währungen abgewertet. Dies spiegelt die Erwartung wider, dass die Fed ihre Geldpolitik weniger aggressiv straffen wird als andere Zentralbanken.
Ausblick auf das zweite Halbjahr 2025
Die Aussichten für das zweite Halbjahr 2025 sind von erheblichen Unsicherheiten geprägt. Die Entwicklung der Weltwirtschaft und der Kapitalmärkte wird von einer Reihe von Faktoren abhängen, darunter:
Die Entwicklung der Handelskonflikte: Eine Eskalation der Handelsstreitigkeiten würde das globale Wachstum weiter belasten und die Kapitalmärkte verunsichern. Eine Deeskalation hingegen könnte das Wachstum ankurbeln und das Vertrauen der Anleger stärken.
Die Reaktion der Zentralbanken: Die Fähigkeit der Zentralbanken, die Inflation einzudämmen, ohne das Wirtschaftswachstum abzuwürgen, wird entscheidend für die Entwicklung der Kapitalmärkte sein. Eine zu aggressive Straffung der Geldpolitik könnte eine Rezession auslösen, während eine zu zögerliche Straffung die Inflation weiter anheizen könnte.
Geopolitische Ereignisse: Der Krieg in der Ukraine und andere geopolitische Konflikte werden weiterhin für Unsicherheit sorgen. Eine Eskalation dieser Konflikte könnte die Weltwirtschaft und die Kapitalmärkte erheblich belasten.
Strategische Implikationen
Angesichts dieser komplexen und unsicheren Lage ist es für Anleger ratsam, einen diversifizierten Ansatz zu verfolgen und ihre Portfolios sorgfältig zu verwalten. Es ist wichtig, sich auf hochwertige Anlagen zu konzentrieren und unnötige Risiken zu vermeiden. Aktives Portfoliomanagement und eine flexible Anlagestrategie sind in diesem Umfeld unerlässlich.
Fazit:
Das erste Halbjahr 2025 war eine Periode der Divergenz und des fragilen Gleichgewichts für die globalen Kapitalmärkte. Die zunehmenden Handelsbarrieren und wirtschaftspolitischen Unsicherheiten haben die Wachstumserwartungen belastet, während die hohe Inflation die Kaufkraft der Konsumenten schmälert. Die Zentralbanken stehen vor der schwierigen Aufgabe, die Inflation einzudämmen, ohne das Wirtschaftswachstum zu gefährden. Die Aussichten für das zweite Halbjahr 2025 sind mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, aber es gibt auch einige positive Faktoren, die die Entwicklung stützen könnten. Entscheidend wird sein, dass die Regierungen zusammenarbeiten, um die Unsicherheit zu verringern und das Wachstum zu fördern.